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Melvin Lasky

Melvin Jonah Lasky war einer der bedeutendsten "kulturellen Kalten Krieger" der Nachkriegszeit. Mit seiner Tätigkeit als Publizist, Autor und Public Intellectual sah er sich im "war for hearts and minds" verpflichtet, westeuropäische Intellektuelle für die amerikanische Seite zu gewinnen und an westliche Ideen und Werte zu binden.

 

Günter Grass, Wolfgang Thierse, Melvin Lasky
Günter Grass, Wolfgang Thierse, and Melvin Lasky
Akademie der Künste, Berlin, Januar 1992

Kindheit und Jugend

Melvin Jonah Lasky wurde am 15. Januar 1920 in New York geboren. Seine Eltern, Samuel und Esther Lasky, polnisch-jüdischen Einwanderer, hatten einen kleinen Textilbetrieb in der Bronx. Nach der High School besuchte Lasky das City College, New York. Während seines Studiums der Sozialwissenschaften exponierte er sich als Trotzkist. Seine Kommilitonen, darunter Irving Kristol und Daniel Bell, brachten ihn in Kontakt mit den so genannten New York Jewish Intellectuals und er veröffentlichte Artikel in der antistalinistischen Zeitschrift The Partisan Review. Nach einem weiterführenden Geschichtsstudium an der University of Michigan in Ann Arbor, kehrte er 1940 nach New York zurück, um sich an der University of Columbia als Doktorand einzuschreiben. Er arbeitete dann jedoch aus finanziellen Gründen stattdessen als Fremdenführer an der Freiheitsstatue, bis er 1942 Redakteur beim ebenfalls antistalinistisch ausgerichteten New Leader wurde.

Militär und Kriegsdienst

Mit seiner Einberufung in die US-Armee im November 1943 musste Lasky seine journalistische Tätigkeit vorerst aussetzen. Als Combat Historian im Rang eines Hauptmanns kam er Anfang 1945 nach Europa und marschierte mit der 7. US-Armee in Frankreich und Deutschland ein. „Armeehistoriker“ mussten die amerikanischen Soldaten und die Zivilbevölkerung befragen. Lasky nutzte diese Möglichkeit im zerstörten Deutschland, in Frankreich und später auch in Italien, Städte und Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Alles beschrieb er detailreich in seinem Tagebuch und dokumentierte es mit seinem Fotoapparat. In Frankfurt lernte er seine zukünftige Frau, Brigitte Newiger, kennen.

Der Monat

Im Juli 1946 beendete Lasky seinen Militärdienst, entschied sich aber, als Korrespondent für The Partisan Review und The New Leader im besetzten Berlin zu bleiben. In einer Rede auf dem Ersten Deutschen Schriftstellerkongress im Oktober 1947 in Berlin kritisierte Lasky vehement und provokativ das Verhalten der sowjetischen Besatzungsmacht. Damit machte er auf sich aufmerksam. Zusammen mit Hellmut Jaesrich konzipierte er die Kulturzeitschrift Der Monat, die ab Oktober 1948 erschien. Finanziert von der amerikanischen Militärregierung, in der für Lasky eigens eine entsprechende Stelle geschaffen worden war, zielte Der Monat mit seinen literarischen und kulturellen Beiträgen auf die intellektuelle Elite Deutschlands.

Der Congress for Cultural Freedom

Als Generalsekretär des Congress for Cultural Freedom (CCF), der vom 26. bis zum 30. Juni 1950 in Berlin stattfand, war Lasky ein publizistischer Agent im kulturellen Kalten Krieg. Er wusste die Kultur in ihrer politischen Funktion für den "war of ideas" zu nutzen. Höhepunkt des "Kongresses für Kulturelle Freiheit" war das nachdrückliche Bekenntnis der teilnehmenden Schriftsteller, Wissenschaftler, Journalisten und Politiker aus aller Welt zu einer uneingeschränkten geistigen Freiheit. In Paris als Organisation institutionalisiert, blieb der CCF keine einmalige Veranstaltung sondern arbeitete weiterhin daran, westeuropäische Intellektuelle an westliche Ideen und Werte zu binden und der amerikanischen Seite zu verpflichten. Der CCF finanzierte europaweit Zeitschriften wie Der Monat in Berlin, Preuves in Paris, Tempo Presente in Rom und Forum in Wien. In London erschien ab 1953 Encounter, herausgegeben von dem englischen Dichter Stephen Spender und dem Amerikaner Irving Kristol, Laskys Collegefreund. Von ihm übernahm Lasky 1958 die Position des amerikanischen Herausgebers bei Encounter und zog mit seiner Familie nach London.

Encounter

LAskybildWebsiteLange gab es nur Gerüchte, dass der CCF über amerikanische Scheinstiftungen durch die CIA gestützt und gefördert wurde. Als im Frühjahr 1967 amerikanische Zeitungen diese Zusammenhänge aufdeckten, zogen sich viele Autoren und auch zahlreiche Leser empört zurück. Die CIA-Verstrickung von Encounter ließ die journhalistische Unabhängigkeit der Redaktion und besonders der Herausgeber äußerst zweifelhaft wirken. Stephen Spender sah sich zum Rücktritt gezwungen.

Lasky jedoch schien sich keiner Schuld bewusst. Er setzte seine Arbeit unbeirrt fort. Die entschiedene anti-kommunistische Überzeugung des gesamten CCF und seiner publizistischen Organe hatte sich Lasky derart zu eigen gemacht, dass er daraus alle Berechtigung zog, dieses Ziel auch künftig zu verfolgen. Es gelang ihm, neue – einwandfreie – Geldgeber zu gewinnen, aber das Renommee von Encounter war schwer beschädigt. Abgesehen von seiner prominenten Rolle als Herausgeber von Der Monat und von Encounter war Lasky sowohl in Berlin als auch in London zweifellos eine gewichtige Stimme in der allgemeinen kulturpolitischen Diskussion. Er galt als Kenner transatlantischer Verhältnisse und war in Deutschland ein häufiger Gast in Werner Höfers Internationales Frühschoppen ebenso wie als Vortragender in den Amerikahäusern oder bei Radio- und Fernsehpodien. Immer wieder meldete er sich auf Konferenzen und in Diskussionen zu Wort und blieb darüber hinaus seinen eigentlichen journalistischen und publizistischen Aufgaben in vielen Artikeln und Büchern treu.

Ende der 70er Jahre erschienen neu Ausgaben von Der Monat, den Lasky gemeinsam mit seiner zweiten Frau, der Schriftstellerin Helga Hegewisch neu gegründet hatte und von 1978 bis 1987 herausgab. Ein Jahr nach dem Fall der Mauer wurde im September 1990 die letzte Ausgabe von Encounter veröffentlicht. Seine Funktion hatte sich mit dem Ende des Kalten Krieges überlebt. Berlin, wo Lasky seine europäische Karriere begonnen hatte, ehrte ihn 1995 mit dem Verdienstorden des Landes. Als einer der letzten kulturellen Kalten Krieger aus Überzeugung starb Lasky am 19. Mai 2004 im Alter von 84 Jahren in seiner Wahlheimat Berlin.